Die unglücksselige Fee
Vor langer Zeit gab es ein mal eine Stadt, die traurig, grau und kalt war. Die meisten Menschen, die dort lebten führten ein ebenso trauriges Leben und nur einige wenige schienen so etwas wie Glück zu kennen.
Jenseits dieser Stadt lebte eine Fee an einem kleinen See tief im Wald. Jeden Abend bevor die Sonne unterging blickte sie ins Wasser, um in die Welt hinaus zu sehen. Wenn ihr Spiegelbild verschwand konnte sie fremde Orte und fremde Menschen erblicken. Eines Tages sah sie die traurige Stadt und es brach ihr fast das Herz, wie unglücklich dort viele
Menschen waren. Am traurigsten machte es sie, dass diejenigen die das meiste Glück zu verdienen schienen, die Unglücklichsten waren.
Während die Fee am Wasser saß und das Unglück fremder Menschen beweinte, trat das Schicksal an sie heran und fragte, warum sie so traurig sei. Die Fee erzählte, was sie im Wasser gesehen hatte und das Schicksal lachte nur und erzählte der Fee, dass die Menschen gar nicht glücklich sein konnten und sie ihr Glück nie zu schätzen wüssten.
Als die Fee das hörte wurde sie böse und sagte, dass es sehr wohl Menschen gäbe, die Glück verdienten und es auch schätzen würden. Um dies dem Schicksal zu beweisen machte die Fee sich auf ins traurige Land. Nach einer langen Reise erreichte die Fee die Stadt und zögerte nicht mit der Suche nach einem Menschen, der es verdient hätte glücklich zu werden. Für ihre Suche änderte die Fee ihre Gestalt, um von den Menschenkindern nicht erkannt zu werden.
Sie traf viele unglückliche Menschen und jenen, die reinen Herzens waren, gewährte sie einen Wunsch. Dabei blickte die Fee den Menschen durch ihre Augen tief in die Seele. Während die Fee die Unglücklichen aufsuchte, fiel ihr ein Mann auf, der sie oft heimlich beobachtete. Als sie eines Tages auf ihn zutrat, konnte sie in seinen Augen sehen, dass er viele Jahre einsam gewesen ist, obwohl er zu allen Menschen in seiner Umgebung freundlich und hilfsbereit war.
Die Fee musste nicht fragen, was sein Wunsch sei, denn auch das konnte sie in seinen Augen lesen. Der Mann hatte sich, als er die Fee das erste Mal erblickt hatte, bereits in sie verliebt. Denn auch wenn ihre Gestalt die eines Menschen war, so waren ihre Augen magisch und unergründlich.
Ohne dass der Mann hätte seinen Wunsch aussprechen müssen, gewährte sie ihm diesen und wurde zu seiner Frau. Sie spürte wie er nun einer der Glücklichsten Menschen der Stadt war und das machte sie selbst sehr froh. Während die Fee und ihr Mann glücklich zusammen lebten, war die Fee jedoch weiterhin auf der Suche nach Menschen, die Glück verdient hatten.
Auf ihrer Suche begegnete sie eines Tages einem alten Mann. Auch in seinen Augen konnte sie lesen, dass auch er viel gelitten hatte, obwohl er reinen Herzens war. Als sie ihn fragte, was sein größter Wunsch sei, antwortete der Mann, dass er es nicht verdient hatte glücklich zu werden und es sein Schicksal sei zu leiden. Als die Fee ihn traurig anblickte, erkannte der alte Mann, dass sie kein Mensch war. Er sah sie mit großen Augen an und erzählte, dass er sein Leben lang von Feenwesen geträumt hätte und schon die Hoffnung aufgegeben hatte je eines zu treffen. Nachdem der Alte die Fee genau betrachtet hatte, fügte er hinzu, dass er schon alt war und das Einzige, was er sich für sein Leben noch wünschte der Kuss einer Fee war.
Gerührt und froh darüber einem weiteren Menschen seinen Herzenswunsch erfüllen zu können, küsste die Fee den alten Mann. Als die Fee dann am späten Abend zu Hause angelangte, sah sie, dass kein Licht brannte und wunderte sich, wo ihr Mann wohl sein konnte.
Die Fee zündete beim Eintreten eine Lampe an und sah ihren Mann einsam mit einer Flasche Wein am Tisch sitzen. Sein Anblick brach ihr das Herz. Mit traurigen Augen sah er sie an und erzählte, dass ihm ein Freund berichtet hatte, wie er sie mit einem anderen Mann gesehen hatte.
Die Fee sank zu Boden und die Tränen verschleierten ihre Augen. Sie konnte kein Wort sagen, als seine Gefühle der Traurigkeit und Enttäuschung sie trafen. Dann hörte sie ein Lachen hinter sich. Es war das Schicksal, das durch die Tür getreten war.
Es trat an die Fee heran „Habe ich Dir nicht gesagt, dass Du die Menschen nicht glücklich machen kannst? Der Bettler, dem du einst Geld gabst, wurde ein reicher Mann. Doch wegen seinem Reichtum wurde er von den Menschen bestohlen und erschlagen. Ein anderer wurde habgierig und hat seine Frau und Kinder verstoßen. Das Kind, das du seiner Mutter wieder brachtest wurde krank und bereitete ihr noch mehr Kummer, als es starb. Die Frau, die du mit ihrer Liebe zusammenbrachtest wurde von eben dieser betrogen. Und Deinem eigenen Ehemann hast du Heute selbst das Herz gebrochen!“
Noch bevor das schallende Gelächter des Schicksals verklungen war, starb die Fee an ihrem gebrochenen Herzen, weil sie keinen einzigen Menschen glücklich gemacht hatte.
Ende (c) 2007 Agnes Urbanczyk
Unglaublich schöne und traurige Geschichte.
Vielleicht soll das was passiert einfach passieren und das Schicksal hat sowieso schon einen Plan.
Gemein nur das es dann die arme Fee so verhöhnt.
Ich kann mir vorstellen daß, das Glück was sie den Menschen gebracht hat, selbst wenn es nicht von ewiger Dauer war sicher für sie mehr bedeutet hat als das dauerhafte Unglück dem sie vorher ausgesetzt waren.
Glück und Unglück kann wohl nie ein gänzlich dauerhafter Zustand sein den um Glück zu kennen muss man wohl auch das Unglück kennen und umgekehrt.
Na ja, genug philosophiert, sehr tolle Shortstory die zum nachdenken anregt.
Ich muß Marco voll und ganz beipflichten. Es ist so eine schöne aber auch traurige geschichte, dir mir auch seit ich sie gelesen habe ständig durch den kopf fliegt und ich immer wieder drüber nachdachte.
Und wie Marco auch schon meinte, wird es kein Glück ohne Unglück geben und ich finde es schade, das man sich nur so solten an die schönen Dinge im Leben erfreuen kann, weil davon gibt es auch einige…
Ich finde jeder dem die Fee begegnet und Glück im Leben findet, sollte sich dessen bewust sein und das Glück festhalten, weil es das größte Geschenk ist, dass man im Leben finden kann. 🙂